DTAGNO und TRYONE
WIR SIND NICHT DIE AFFEN IN DEINER HORDE!
26.06. - 04.07.2009

„Ein Teil des Menschen bleibt Tier, unreflektiert und instinktiv. Der Mensch, als zwanghaft Sinn produzierendes Wesen, findet Bezeichnungen wie Liebe und Hass, Hitze und Kälte, Tag und Nacht, Schwarz und Weiß, um seinem Unvermögen, alles vollständig erklären zu können, Ausdruck zu verleihen. Der Mensch steht damit als Träger aller Extreme in ständigem Konflikt mit sich selbst. Im Gegensatz zum Tier konstruiert er seine Realität und wird so zu seinem eigenen Gott. Dieser Mensch findet nichts schöner als zum Tierischen zurückzukehren und kann dabei niemals etwas anderes sein als ein Mensch. Er erfüllt somit seine Rolle, die zum Teil der universellen Wahrheit wird.” (DTAGNO and TRYONE)

Künstler – Kunstwerk – Galerie
Im Rahmen ihrer Performance in den Räumen von urban art info hinterfragen DTAGNO und TRYONE die grundsätzlichen Möglichkeiten und Begrenztheiten künstlerischer Produktion. Dabei setzen sich mit den Begriffen „Künstler“, „Kunstwerk“ und „Umwelt“ auseinander.

Während der Performance tragen DTAGNO und TRYONE Affenkostüme und sind mit Palette, Pinsel, Staffelei, Baskenmütze und mit Rotwein gefüllten Weingläsern ausgestattet. Ihre Verkleidung eröffnet einen Interpretationsspielraum vom sich selbst "nachäffenden“, sich parodierenden Künstler bis hin zum ihm innewohnenden, ungezähmten Tier, das den mit seiner Ungezügeltheit und schöpferischen Kraft überrascht.

Diese „Künstleraffen“ versuchen sich daran, je ein Selbstportrait zu malen – ein sehr zivilisiertes/kultiviertes Motiv, das im Gegensatz zu ihrer wilden Kostümierung steht. Doch das Fertigstellen ihrer Gemälde wird durch in den Wänden explodierende Farbbomben erschwert. Ausgelöst werden die Sprengungen durch den Galeristen, der eine von den Künstlern gebaute Sprenganlage bedient. Wie ein Dompteur hält er die Affen in Schach, und behindert damit das Entstehen von Kunst. Die Farbsprengungen hinterlassen Spuren auf den Portraits und überdecken die ursprüngliche Form zum Teil. Darüber hinaus verwandeln sie den gesamten Raum: Der „White Cube“, der ideale, von der Außenwelt abgeschottete Galerieraum, wird nach und nach schwarz.

Die Zuschauer bleiben währen der Performance draußen. Zu hören ist von dort – abgesehen von den Explosionen – die Musik des „Teufelsgeigers“ Paganini. Sie sehen dem Spektakel durch die Scheiben der Galerie zu, die mit einer Folie beklebt sind, auf der das Brandenburger Tor als Dekor abgebildet ist. Eine solche Folie benutzt die BVG zum Schutz der U-Bahn-Fenster vor Vandalismus. Die Galerie bekommt damit eine neue Haut: Ihre Fenster verweisen auf überdimensionale Fenster eines Zuges.

Betritt man den Galerieraum, findet man sich auf einem „Schlachtfeld“ wieder: Alles ist voll schwarzer Farbe, am Boden liegt zerbrochenes Glas, die Sprengsätze haben Löcher in die Wände gerissen... Die entstandenen Portraits auf Leinwand stehen noch auf ihren Staffeleien. Sie bilden weder Affen ab, noch lassen sie auf das Äußere der Künstler schließen. Mit ihrer farbbespritzen Oberfläche sind sie vielmehr eine Momentaufnahme der Künstler in Aktion. Die gesamte Installation aus Staffeleien, Portraits und Malutensilien am Originalschauplatz stellt ein Dokument der Performance dar, welches durch einen währenddessen entstandenen Film, der die Künstler in Aktion zeigt, vervollständigt wird. Die Affenkostüme hingegen werden wie Trophäen, in einem extra geweißten Feld, an der Wand präsentiert.

Mensch – Tier – Gott
„Es lebe der Relativismus!“ (DTAGNO und TRYONE)
Der Versuch des Menschen, durch die Konstruktion seiner Umwelt zu seinem eigenen Gott zu werden, gelingt. Doch sein Bestreben eine für alle Menschen gleichermaßen gültige, eine absolute Wahrheit zu erreichen, scheitert, weil der Mensch seine Wirklichkeit im eigenen Kopf konstruiert und somit jeder Einzelne in einer anderen Wirklichkeit lebt. Seine Wahrheit bleibt stets abhängig von seiner jeweiligen Konstruktion von Wirklichkeit.
Doch der Menschen trägt zwei Seiten in sich: Die natürliche, unmittelbare Einfachheit des Tieres und die intellektuelle, künstliche, konstruierte Welt. Da das Tier sich seine Realität nicht konstruiert, besitzt es vielleicht noch Zugang zur absoluten Wahrheit. Daraus entspringt der Wunsch des Menschen, zum Tierischen zurückzukehren.
Text: Iris Hempelmann

Edition: BVG Antiscratchfolie

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Foto: Jürgen Große
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Foto: Kathleen Waak
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Foto: Steffanie Becker
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Foto: Jürgen Große
Ausschnitt aus WIR SIND NICHT DIE AFFEN IN DEINER HORDE, Kamera Benjamin Behnisch